Montag, 31. August 2015

Glückstagebuch - Woche 13

Nach den vielen Wochen Auszeit nehme ich es nun wieder auf: Mein Tagebuch der Glücksmomente.
Die letzte Woche geizte nicht damit. Ich war endlich wieder zu Hause und habe meine Tage ganz selbstständig gestalten können. Diese wiedergewonnene Freiheit fühlt sich wunderbar an - und doch ist es eine Umstellung, soviel Zeit für mich alleine zu haben. Dann und wann schleicht sich Einsamkeit ein. Aber sie zeugt wohl ganz einfach von der Sehnsucht - danach, wieder in meine Arbeit und meinen Kollegenkreis zurückzukehren - und in geliebte Aktivitäten wie Yoga und Kunstkurs. Und von der Sehnsucht nach Zweisamkeit - mit einem ganz bestimmten Menschen, dem ich diese Woche näherkommen durfte. Ich bin gespannt, wie mein Leben nach meiner großen Pause weitergeht. Ich freue mich darauf !

Dafür bin ich in der letzten Woche dankbar:

  • ein Treffen mit einer Herzensfreundin: Es gab viel zu erzählen, während wir durch die Stadt liefen und es uns erst beim Inder und dann im Strandkorb eines Cafés gutgehn ließen: Es gab köstliche weiße Eisschokolade und ein Stück Apfelkuchen mit Sahne, das wir uns teilten. Ein schöner Gesprächs- und Schlemmernachmittag...
  • Wohlfühl-Füße: Das erste Mal in meinem Leben gönnte ich mir eine professionelle Fußpflege. Und es war sehr fachkundig und sympathisch. Ich habe jetzt wieder seidig-weiche-Füße und glänzende Nägel !
  • Freiheit auf dem Fahrrad: Es macht Spaß in diesen schönen Spätsommertagen darauf unterwegs zu sein. In die Stadt und zum See, schnell und dynamisch von einem Ort zum andern. Das habe ich vermisst !
  • die Gelegenheit, richtig lange zu schlafen - und zu träumen. In meinem eigenen Bett. In meinem eigenen Rhythmus.
  • wiederhergestellte Ordnung: Es hat etwas gedauert, aber nach und nach habe ich alles ausgepackt, verstaut, Blumen und Krimskrams wieder an ihren ursprünglichen Platz gebracht. Jetzt fühl ich mich wieder wohl in meiner Wohnung.
  • einen packenden Film: Habe mir den ersten Teil der Tribute von Panem auf DVD angesehen und war begeistert - spannende Story und Zivilisationskritik!
  • die kühlen Seen in meiner Umgebung: Ich genieße jeden einzelnen Schwimmzug in dem wieder angenehm frischen Wasser. An einem nicht so heißen Tag war es herrlich, mich mit Seeblick und fesselnder Lektüre in der Sonne zu aalen.
  • selbst gekochte Mahlzeiten: Endlich habe ich mal wieder selbst den Kochlöffel geschwungen. So gab es Spaghetti mit Rucola, Tomaten und Oliventofu sowie Risoninudelsalat mit Schafskäse, gerösteten Walnüssen, getrockneten Tomaten und (der restlichen) Rauke. Und schließlich ein gelbes Kichererbsencurry mit Lauch und Auberginen...
  • Gesangspower: Die neuen Alben von Sarah Connor und Konstantin Wecker sind sehr kraftvoll und haben mir langweilige Aufräum- und trostlose Stunden allein versüßt.
  • laue Abendstille mit Vollmond und Kerzen: Ich hatte welche auf meinem Altar angezündet, saß am Fenster in der Dunkelheit und lauschte in die Spätsommernacht, lauschte in mich hinein.
  • einen Nachmittag zu zweit: Wir hatten uns einen unbekannten, hügeligen Weg zum See gebahnt und ein leckeres Picknick genossen. Nun lagen wir faul auf der Wiese in der Sonne, plauderten und kamen uns nah. Fortsetzung folgt! so hoffe ich. Auf jeden Fall bleibt's spannend.





Wort zur Woche: Umwege


"Umwege erweitern die Ortskenntnis."

Martin Buber







Mittwoch, 26. August 2015

Krise, Auszeit & Lektion


Vielleicht habt Ihr Euch gewundert, dass es in letzter Zeit auf meinem Blog sehr still blieb. Nicht mal mein obligatorisches Wort zur Woche oder Glückstagebuch habe ich gepostet. Und das hatte auch einen triftigen Grund:  Ich bin Anfang Juli in eine seelische Krise geraten und musste einige Wochen im Krankenhaus verbringen.  




Ich zögere, so offen für alle und jeden, hier darüber zu schreiben. Schließlich habe ich meine bipolare Erkrankung  in diesem Blog noch nie erwähnt (einfach, weil sie in der letzten Zeit eine sehr untergeordnete Rolle spielte.) Schließlich haftet ihr wie allen psychischen Problemen, ein Stigma an.
Und doch möchte ich die Aufrichtigkeit, von der mein Blog bisher geprägt war,  gern beibehalten.  Warum sollte ich Euch lang und breit von meinem Glück erzählen, aber kneifen, wenn es um die Schattenseiten in meinem Leben geht ? Ich kenne einige Blogger, die einen ebenso mutigen Weg gehen und frei von der Leber weg vom „Anderssein“  berichten – ob das nun um Depressionen, Genderthemen oder das Hinterfragen gängiger Mutterideale geht.
Und da ich ohnehin vorhabe, einen autobiografischen Roman über meinen Weg – und speziell die manisch-depressiven Erfahrungen  - zu schreiben, kann ich es wohl wagen, auch in meinem Blog davon zu berichten.  

Seit einer Woche bin ich nun wieder entlassen. Und weit länger fühle ich mich wieder gesund. Und doch dauerte es ingesamt mehrere Wochen, bis ich wieder ganz im Hier und Jetzt und in  meinem „normalen“ Ich gelandet war.
Familie, Freunde und Kollegen waren mich besuchen und haben mir geholfen, die Zeit zu überbrücken und die erneute manische Episode zu beleuchten und zu verstehen. Denn natürlich hat sie Auslöser und Ursachen, die erkannt werden wollen. Und auch, wenn die Zeit in der Klinik nicht einfach und scheinbar ein Rückschlag war – sie hatte durchaus einen Sinn.  Als Auszeit, als Spiegel, als mannigfaltige Lektion. Darüber hinaus habe ich im Krankenhaus wieder einmal viele interessante Menschen kennenlernen dürfen.
Trotz mancher Entbehrungen gestaltete die Zeit sich dort doch recht angenehm. Wir genossen einen großen luftigen Balkon (den ich zuletzt mit meinen Wunschsonnenblumen verschönerte) eine wunderschön gestaltete Gartenlandschaft zwischen Klinik und Rehaklinik und zwei Caféterias mit köstlichen Kuchen und Eisvarianten. Auch das Krankenhausessen war in Ordnung und die Umgebung mit zwei Seen und vielen Spazierwegen einfach traumhaft. Über das Schwimmverbot (wir waren fürs Badengehen nicht versichert), habe ich mich ein paar Mal einfach hinweggesetzt und bin in den Kalksee gehüpft. Sonst kühlte ich im Wasser einfach Füße und Waden. Zum Glück blieb es auch bei den sehr heißen Temperaturen auf Station verhältnismäßig kühl.  Ich verbrachte viel Zeit mit Lesen, Schreiben und den Therapien. So habe ich einmal mit einer Mitpatientin gebacken, in unserer Singegruppe Griechischer Wein und Über den Wolken angestimmt,  in der Ergotherapie was schönes getöpfert und eine Tasse mit japanischen Schriftzeichen bemalt. Neulich konnten wir uns im Fernsehraum sogar den ersten Teil von Herr der Ringe anschauen. In Gesprächen mit der Psychologin und speziellen Seminaren gab es Raum für Austausch und neue Erkenntnisse über uns selbst und unser Krankheitsbild.
  

 

Seit einer Woche bin ich nun – noch krankgeschrieben - bei meiner Mama und ihrem Partner im Oderbruch – wo ich viel schlafe, lese und mit meiner Ma schwimmen fahre. Morgen geht’s wieder zurück in meine eigene Bleibe – was noch mal eine große Umstellung wird. Und doch freue ich mich sehr darauf !
Bevor ich wieder voll in meine Arbeit einsteige, nehme ich dort noch ein wenig Anlauf…  Vielleicht gelingt es mir in dieser Zeit, mal wieder etwas längeres zu posten. Ich bin traurig, dass ich es versäumt habe, unseren Garten im Juni  zu zeigen, und den Juli und August zu fotografieren.  Ich hoffe, Ihr seid einverstanden, wenn ich ersteres sehr verspätet nachhole und für die beiden nächsten Monate Motive aus den letzten Jahren nehme ? Derer habe ich mehr als genug…

In jedem Fall werde ich in der nächsten Zeit darauf achten, mich nicht zu überlasten. Und das betrifft auch das Bloggen. Egal, wie sehr es mich bereichert, es erzeugt auch einen gewissen Druck. Und den muss ich in Zukunft rausnehmen, wenn ich stabil bleiben will.




Ja, „dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer…“ (Xavier Naidoo). Mein Lebensweg voller Irr- und Umwege. Oder sind es eher Kurskorrekturen ? In jedem Fall bringen sie mich weiter, führen auch sie direkt zu mir.